Freitag, 22. Oktober 2010

NZZ: Druck auf die Muslimbrüder

Papierausgabe der NZZ vom 21. Oktober 2010. Unter dem Titel "Druck auf die Muslimbrüder" und mit dem Untertitel "Bedrängte Opposition in Ägypten" wird von Vorgängen im Vorfeld der Wahlen vom 28. Oktober berichtet. Der Artikel der Papierausgabe der NZZ ist leider nicht verfügbar. Die Online-Version weicht vom Text her stark ab, ist aber inhaltlich ähnlich. Die Zitate stammen aus der Druckversion.

"Im Vorfeld der Parlamentswahlen in Ägypten häufen sich die Massnahmen zur Einschüchterung der Opposition. Dies spüren vor allem die Muslimbrüder. In den letzten Tagen wurden 160 ihrer Mitglieder inhaftiert"



So liest sich die Einleitung zum Artikel von Kristina Bergmann.
So weit so gut.

"... Laut Angaben des Hauptantwalts der Bruderschaft, Abdelmoneim Maksud, sind allein am letzten Wochenende 164 Festnahmen erfolgt."

Naja, 160 oder 164. Wir wollen mal nicht kleinlich sein. Die Aktionen scheinen sich ausschliesslich auf die Muslimbruderschaft zu konzentrieren und nicht auf die gesamte Opposition.

"Vonseiten der ägyptischen Sicherheitskräfte wurden diese Angaben allerdings bestritten."
Ok... spannend. ("Vonseiten" steht übrigens so im Artikel, also wird es schon stimmen. Schliesslich sind bei der Zeitung ja Schreibprofis angestellt).

"Das mag damit zusammenhängen, dass etwa die Hälfte der am Wochenende festgenommenen Muslimbrüder laut Maksuds Angaben nach wenigen Stunden wieder freigelassen wurde"
Naja. Seltsame Einstellung. Eine Festnahme bleibt eine Festnahme auch wenn der Festgenommene kurz darauf wieder freigelassen wird. Wie auch immer...
"Die Polizei habe auch Bücher und Computer beschlagnahmt und rund 90 Unternehmen von Muslimbrüdern geschlossen."
Und das alles an einem Wochenende? Das ist dann doch ziemlich krass.

Die Autorin beschreibt noch, wieviele Sitze die Muslimbruderschaft aktuell inne hat und was deren Ziele sind (155 Mandate, die Autorin vergisst allerdings zu erwähnen, dass insgesamt 508 Mandate zur Wahl stehen und 10 weitere vom Präsidenten bestimmt werden).


Gegen Ende des Artikels unter der Überschrift "Eingeschränkte Propaganda":
"Der Zugang zu staatlichen und halbstaatlichen Medien ist den Muslimbrüdern generell verwehrt"
Wow, das tönt nach einem ziemlich totalitären Regime! Der nächste Satz bringt aber etwas Licht ins Dunkel:
"Die Bruderschaft ist seit 1954 verboten, und sie ist deshalb als politische Partei gar nicht registriert"
Ok. Es scheint wirklich so, dass sich die Repressionen nicht gegen die Opposition im allgemeinen, sondern ausschliesslich gegen die Muslimbruderschaft richtet.
Wenn man wissen will, wieso diese Bruderschaft verboten wurde, muss man nicht weit suchen.

Der Verfassungsschutz Niedersachsen gibt eine Antwort:

"Die mitunter auch als "Mutterorganisation des politischen Islams" bezeichnete Muslimbruderschaft versucht, die Regierungen ihrer jeweiligen Heimatstaaten abzulösen und einen islamischen Gottesstaat auf der Grundlage der Scharia zu errichten."
Der Artikel ist sachlich und unaufgeregt. Ohne ein gewisses Mass an Hintergrundwissen zum Thema besteht die Gefahr, dass der Artikel ein falsches Bild der Situation zeichnet. Durch den Untertitel "Bedrängte Opposition in Ägypten" entsteht der Eindruck, dass die gesamte politische Opposition unter Repressionen zu leiden habe. Der Artikel bietet jedoch keine Anhaltspunkte die diese Annahme untermauern würden.

Fazit: Gerade bei einem so heiklen Thema hätten ein paar erklärende Worte sicherlich nicht geschadet.

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